Vespageschichten

 Die alltäglichen Begebenheiten sind ja mitunter das Spannendste, was man sich vorstellen kann. Gede sagt immer "Tiap hari ada cerita" was man grob mit: "Jeden Tag gibts `ne neue Geschichte" übersetzen könnte. Von zwei solcher Tagen mit "Geschichten" soll hier zu lesen sein.

 

 

Benzinprobleme

 

Nachdem jede Geschichte einen Anfang braucht lassen wir den ersten Vorfall bereits am Nachmittag beginnen, wiewohl er sich erst in später Nacht zuspitzte. "Lass uns in Baktiseraga an der Tankstelle Benzin kaufen", hatte ich Gede aufgefordert.  Wir waren auf dem Weg nach Singaraja und würden ohnehin an dieser Tankstelle vorbeikommen. Zwar war der Tank noch zu einem Viertel gefüllt, aber wenn es um Vorsorge geht, bin ich sehr "westlich" eingestellt, ganz im Gegensatz zu den Einheimischen, die mitunter sehr erstaunt sein können, wenn ihr Fahrzeug plötzlich und unerwartet wegen Benzinmangels stehenbleibt.

 

Benzin war an der Tankstelle aber ausverkauft - schon von weitem konnte man das an den kleinen Tischen mit gefüllten Flaschen erkennen, die östlich und westlich der Tankstelle am Straßenrand aufgestellt waren.

 

Sobald einer Tankstelle nämlich das Benzin ausgeht, erscheinen wie aus dem Nichts und sehr schnell die Privatverkäufer von Benzin, die auf den offiziellen, überall gleichen Benzinpreis Indonesiens 4 Cent als ihren Gewinn aufschlagen.

 

Bei ihnen wollten wir nicht tanken, weil nicht ganz klar ist, ob diese Verkäufer um ihren Gewinn zu steigern, das Benzin nicht "strecken".

 

Gede und ich erledigten unsere Besorgungen in der Stadt, ohne an einer weiteren Tankstelle vorbeizukommen. Abends war demzufolge der Tank schon recht leer.

Als gegen ein Uhr nachts dann Dewa anrief um mitzuteilen, dass er eine Motorradpanne hätte und um Hilfe bat, war ich bereits am Zweifeln ob mein Sprit für diese Aktion ausreichen würde.

 

Natürlich brach ich dennoch auf - einen  Freund lässt man in einer Notsituation nicht allein.

 

Bis zu der Stelle, wo er auf mich wartete, war es weiter als ich mir vorgestellt hatte. Sein Motorrad hatte er bereits am Straßenrand gesichert und konnte gleich auf den Soziussitz meiner Vespa steigen.

 

Ich drehte - und nach 50 Metern starb der Motor ab: kein Benzin mehr.

 

Glücklicherweise geschah das in der Nähe eines kleinen Kiosks, der ebenfalls tagsüber Benzin in den typischen Einliterflaschen verkauft. Wir schoben die Vespa dorthin.

 

Dewa klopfte, rief und versuchte mit allen möglichen Mitteln die Chefin aufzuwecken und herauszurufen. Vergeblich. Er ließ sich auf die Stufen vor dem Kiosk fallen und zog sein Handy heraus um andere Freunde herbeizurufen. Ich schlug ein wenig Abendsport vor - es handelte sich lediglich um einen Weg von 2 Kilometern. Da sollten wir gemeinsam doch die Vespa nach Hause schieben können.

 

Er schüttelte nur den Kopf und bemühte weiter sein Handy. Bei diesem Benzinkiosk stehen normalerweise die Flaschen in einem Holzregal. Dies war mit einer dicken Plastikfolie abgedeckt.

 

In dem Moment, als Dewa endlich seine Ehefrau ans Handy bekommen hatte, hatte ich die Idee, diese Plastikfolie ein wenig zu lupfen:

 

Eine Flasche, halbgefüllt mit etwa einem halben Liter Benzin lachte mir entgegen.

 

Dewas Frau konnte weiterschlafen - und unseren halben Liter Benzin haben wir am nächsten Morgen bezahlt.

 

 

Geliefert

Die "S-I-D"
Die "S-I-D"

Eine unserer Vespas war absolut nicht mehr fahrbereit und musste deshalb mit einem kleinen Lieferwagen in die Werkstatt gebracht werden. 

 

Wir haben also einen kleinen Pick-up mit Fahrer angemietet, der die Vespa zu unserer Werkstatt bringen sollte. Das hat er auch getan, mit Gede auf der Ladefläche der die Vespa festgehalten hat.

 

Eigentlich wollte ich gleich nachkommen, nachdem ich für "meine" Vespa, die in unserem Jargon S-I-D genannt wird, neuen Samsat (TÜV/ Zulassung) beantragt hatte. Es kam noch etwas dazwischen:

 

Ich muss mich immer persönlich bei der Fremdenpolizei anmelden, was normalerweise die Hotels für ihre Gäste tun.

 

Dazu habe ich mit dem Chef der Fremdenpolizei eine Abmachung getroffen, um nicht unnötig lange auf dem Amt anstehen und warten zu müssen. In den ersten Tagen nach meiner Ankunft rufe ich ihn einfach auf seinem Handy an - er hat alle notwendigen Dokumente (Passkopie etc.) auf dem Amt. Postwendend kommt er dann bei mir vorgefahren und übergibt mir die Anmeldebescheinigung.

 

Mir fiel an diesem Tag - dem dritten Tag auf Bali - ein, dass diese Geschichte noch nicht erledigt war und rief ihn an. Leider hatte er aufgrund eines Todesfalls in der Familie religiöse Verpflichtungen und arbeitete deshalb nicht. Ich war also gezwungen selbst aufs Amt zu gehen. Dazu musste allerdings ein "Bürge" mitkommen.

 

Anstelle also alleine zur Polizei zu fahren, brachen mein Bürge und ich dorthin zu zweit auf einer Vespa auf. Auf dem Rückweg von der Polizei sollte ich dann noch in der Werkstatt einen Service inklusive Reifenwechsel für meine SID kriegen - der Hinterreifen war total abgefahren.

 

In der Werkstatt nach einem sehr kurzweiligen Aufenthalt bei der Polizei (hier freuen sich immer alle Amtspersonen, dass ein Weißer so schön balinesisch spricht und es entsteht immer eine sehr entspannte Gesprächssituation. Das gibt dann wirklich viel Gelächter und führte an diesem Tag dazu, dass auf der Anmeldung einige Angaben nicht direkt den Tatsachen entsprachen ... Ende des Polizeiexkurses) fiel meinem Bürgen ein, dass er unverzüglich nach Hause müsste.

 

Ich hätte gern schnell den Service in der Werkstatt noch mitgenommen und ihn dann heimgebracht - er überredete mich aber dazu, noch vor dem Service aufzubrechen.

 

500 Meter vor seinem Haus geschah es dann: der Hinterreifen platzte mit wunderschönem Pfeifgeräusch. (Nicht gestürzt und auch keine Personenschäden)  Also: Werkzeug ausgepackt und Ersatzreifen montiert (ist bei Vespas ganz einfach).

 

Allerdings blockierte die Schaltung etwas und bei der Suche nach dem Leerlauf brach plötzlich der linke Griff mit Kupplung und Schaltung vom Lenker ab.

 

So kann selbst eine Vespa nicht weiterfahren - der Pick-up musste wieder anrücken - mit breit grinsendem Fahrer übrigens - und meine SID in die Werkstatt bringen  - diesmal mit mir als Vespahalter auf der Ladefläche. Drei Stunden Reparatur..... 

Solche Geschichten schreibt nur das Leben.

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